Kleingartenverein Herthasee e.V.

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Verfasst am 13.09.2024 um 09:35 Uhr

Idylle im Eigenbau

Die Kleingartenanlage „Zum Dreieck“ feiert Vierzigjähriges

Den einstigen verwilderten Acker haben die Mitglieder mit viel Arbeit in blühende Gärten verwandelt. Foto: Kleingartenverein Zum Dreieck e. V.

Auf den vielen alten Schwarz-Weiß-Fotos kann man ihn noch erahnen, den Gründergeist der Kleingartenanlage „Zum Dreieck“. Da wird gebaut und gehämmert und dabei wirkungsvoll für die Kamera posiert. In diesem Jahr hat die Sparte ihr 40-Jähriges gefeiert.


Von Anfang an war Eigenregie gefragt: Über Mundpropaganda hatte sich herumgesprochen, dass es da in Bornim ein Gelände für eine neue Anlage geben könnte. Am 3. März 1984 organisierte der Potsdamer Ableger des damaligen DDR-Verbands der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter eine Standortbesichtigung. „Hier stand vorher ein Acker, der schon nicht mehr von der LPG bewirtschaftet wurde“, erinnert sich Pionier Bernd Golemo. „Das war hier völlig verwildert.“


Schon am 13. April gründete sich der Verein. „Wir bekamen einen Plan vom Stadtarchitekten, auf dem er die Grundstücke aufgeteilt hatte, im Durchschnitt umfassten sie 300 Quadratmeter“, sagt Golemo. Am 30. Juni wurden die Parzellen an die Mitglieder nach der Anzahl der bis dahin geleisteten Aufbaustunden vergeben und nur einen Tag später die Nutzungsverträge abgeschlossen. Die damalige Pacht betrug 15 Pfennig pro Quadratmeter, vermerkt die Chronik.


In Eigenregie bauten die angehenden Kleingärtner in den Achtzigern ihre Bungalows. Foto: Kleingartenverein Zum Dreieck e. V.

„Viele Hände, schnelles Ende“

Die frisch gebackenen Kleingärtner konnten sich aussuchen, welchen Bungalowtyp sie bauen wollten. Gängig waren der GL 14, 19 oder der GL 24, „GL“ stand für „Gartenlaube“, die Ziffer für die Quadratmetergröße. „Die Preise für den GL 14 und den GL 19 lagen zwischen 6.000 und 9.000 Mark der DDR“, schildert Golemo. Für den Preis bekam man die Bauelemente.


„Finanziert wurde überwiegend per Kredit“, sagt Golemo. „Hinzu kamen insgesamt 3.500 Mark als Aufbauumlage pro Parzelle. Die ersten 500 Mark wurden als Einmalzahlung geleistet, der Rest in Monatsraten bezahlt.“ Tätig werden mussten die Mitglieder in Eigenverantwortung. „Wir haben alles selbst gemacht, vom Fundament angefangen.“


Nur wenige der frisch gebackenen Kleingärtner kannten sich zuvor bereits, doch griff man sich schnell selbstverständlich unter die Arme. „Wenn einer Hilfe brauchte, dann waren alle da“, erzählt Thomas Petrasch, damals als junger Mann viel auf der Anlage, bevor er später die Parzelle seiner Eltern übernahm. „Viele Hände, schnelles Ende, das war unser Prinzip.“


Frank Drewnick, Thomas Petrasch, Steffi Sommer und Bernd Golemo halten das Gemeinschaftsleben hoch. Foto: Torsten Bless

Im Jahre 1985 wurde ein Brauchwasserbrunnen angelegt und ein Jahr später die Hydrophoranlage, die das Wasser über Leitungen in die jeweilige Parzelle leitete. „Dafür gab es damals schon Fördergelder, weil wir das öffentliche Trinkwasser entlastet haben“, erläutert Thomas Petrasch. 


„Andere Kleingartenanlagen sind auch an Grundwasserbrunnen angeschlossen, haben meist aber Stadtwasser dazu“, sagt Steffi Sommer, ebenfalls seit den Achtzigern dabei und heute 2. Vorsitzende. „Ich kenne keine andere Anlage, die ihr Wasser nur aus Brunnen bezieht. Das ist unsere Lebensader.“ Doch die meisten ihrer Gärtner nutzen auch Tonnen, die Regenwasser auffangen, hat sie beobachtet.


Etwa zur selben Zeit wurde das Vereinshaus errichtet. „Es gab damals auch schon alles dafür nötige Material“, so Bernd Golemo. „Man hat alles gekriegt, man musste nur wissen, wann und wo. Besonders hilfreich waren dabei die sogenannten ‚Blauen Fliesen‘, also D-Mark-Scheine. Das galt auch für die Verpflichtung von Handwerkern für Arbeiten, die man sich nicht selbst zutraute.“ Auch Beziehungen und Flüsterpropaganda waren hilfreich. Doch nicht immer lief alles reibungslos. „Unter der Woche bekamen wir Steine für das Vereinshaus angeliefert, die wurden vor dem Zaun abgeladen. Am nächsten Morgen war die komplette Lieferung weg. Gefunden haben wir nur eine ‚Prawda‘.“


Beim weiteren Ausbau der Anlage wusch häufig eine Hand die andere. „Weil die Verkehrsbetriebe für ihre Bushaltestelle eine Beleuchtung brauchte, haben wir erlaubt, dass sie mit einem eigenen Zähler unsere Stromanlage nutzen konnten. Dafür haben wir Lichtmasten bekommen“, so Golemo. Die Kosten für alle Maßnahmen wurden auf die Mitglieder umgelegt, 3.500 Mark bezahlte jede Parzelle in Raten.


Tomaten in der Anlage Zum Dreieck e. V.

Foto: Torsten Bless

Pyjamapartys und Weihnachten im Sommer

Erfahrungen als Kleingärtner hatten die Wenigsten zuvor gesammelt. „Wir haben uns alles selbst beigebracht oder nutzten die Erfahrungen, die wir uns von den Eltern oder der Oma abgeguckt hatten“, meint Steffi Sommer. Doch alle Mühen lohnen sich immer wieder aufs Neue. „Die Tomate schmeckt so, wie sie schmecken sollte“, schwärmt Thomas Petrasch. „Und eine Möhre, die ich aus dem Boden ziehe, ist viel kräftiger als die Gezüchtete aus dem Gewächshaus, die nie die Sonne gesehen hat. Besser kann man es gar nicht haben und frischer schon gar nicht.“ Was zu viel angebaut wurde, wird gerne verschenkt. „Ich krieg von dem ein Kilo Spargel, dann kriegt der von mir mal ein Kilo Kirschen“, sagt Frank Drewnick. Er kam in den späten 90ern dazu und amtierte bald danach für 20 Jahre als Vorsitzender.


Der Gemeinschaftssinn beschränkt sich nicht aufs Teilen von Lebensmitteln. Drewnick schwärmt in höchsten Tönen von den Aktivitäten der Sparte, etwa den vielen Mottofeten. „Es gab Pyjamapartys, und weil das Wasser im Winter abgestellt wird, haben wir Weihnachten mitten im Sommer gefeiert.“ Das kann Steffi Sommer nur bestätigen: „Es gab ein schönes Miteinander, man hat immer irgendwo beieinandergesessen und die Kinder haben miteinander gespielt.“


Noch immer pflegen manche aus den Gründerjahren ihre Parzelle, andere übernahmen sie in zweiter Generation von ihren Eltern. Doch die Feste finden nicht mehr so einen großen Anklang wie früher. Neue und jüngere Mitglieder wollen eher für sich bleiben, hat Thomas Petrasch beobachtet. „Die meisten kommen bloß am Wochenende her, um ein bisschen im Grünen zu sein und vielleicht ihre fünf Äpfel und 34 Tomaten zu ernten.“ 


"Wir haben alles selbst gemacht, vom Fundament angefangen.“ Foto: Kleingartenverein Zum Dreieck e. V.

Nach 40 Jahren gebe es hier genug zu tun, ergänzt Steffi Sommer. „Aber das machen wieder nur die Alten. Du musst die jungen Leute schon gezielt ansprechen, etwa wenn es um die Gemeinschaftsstunden zur Pflege der Anlage geht.“ Es sei ein Haufen Arbeit, jeden persönlich einzuladen. „Doch das ist auch künftig unsere größte Aufgabe.“


Um das Spartenleben wieder aufzupeppen, nutzt Steffi Sommer die geballte Frauenpower. „Wir haben Ideen gesammelt, was man anders, besser oder neu machen kann.“ So soll das Vereinshaus aufgemöbelt werden. „Und wir wollen wieder Feste organisieren.“ Den Anfang macht am 14. September eine 70er-Jahre-Party. „Mal sehen, ob wir die Leute aus ihren Gärten locken können.“

Steffi Sommer bleibt dran und mit ihr die anderen Aktiven. Denn das Kleingartenleben bietet pure Erholung: „Hier weht im Sommer immer ein Lüftchen“, sagt Frank Drewnick. 


„Wenn du dann wieder zurück ins Neubaugebiet fährst, kommt dir eine richtige heiße Wolke entgegen.“ Und Thomas Petrasch bekundet: „Du bist zehn Minuten von zu Hause weg, aber in einer ganz anderen Welt. Diese Ruhe findest du in der Stadt nicht.“